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Zelte, Gebete und Wildnis: Pfingstlager im Hainich

Pfadfinder der »Royal Rangers« und des Verbandes Christlicher Pfadfinder aus Bad Langensalza, Gotha, Neudietendorf und Sollstedt im Harz campierten vier Tage im Biwak des Nationalparks Hainich. Foto: Anke Kühn

Rund 50 Kinder und Jugendliche verschiedener Pfadfindergruppen lebten über Pfingsten (25. bis 28. Mai 2012) vier Tage im Hainich. Neben dem Spaß in der Gemeinschaft ging es auch um die Regeln des Nationalparks

Vier Tage ohne Computer und Fernseher. Und weil es keinen Strom gibt, sind die Handy-Akkus bald auch leer. Stattdessen erwartet gut 50 Kinder und Jugendlichen Wildnis und Gemeinschaft ohne Luxus. Auf einer Wiese am Rand des Hainich-Urwalds, zu der keine Straße, kein Feldweg, nicht mal ein Wanderpfad führt, leben sie über Pfingsten. Das meiste von dem, was sie brauchen, haben sie und ihre Betreuer herangeschleppt. Dann sind Künste gefragt, die sie bei ihren Treffen lernen: Mit Holzstangen werden Zelte hoch gezogen, mit speziellen Bünden verknotet. 
Zentrum bildet aber, natürlich, der Lagerfeuerplatz der einzige genehmigte im Nationalpark. Er gehört zur Infrastruktur, die die Hainich-Verwaltung den Nutzern dieses vor zwei Jahren errichteten Wald-Biwaks zur Verfügung stellt. 
Dazu gehören auch zwei Plumpsklos, eine Wasserpumpe und der »Stall«, ein an der Seite offenes Holzhaus an dessen Rückseite Erste-Hilfe-Ausrüstung, Vorräte und Müll verstaut sind letzteres ist wegen der Waschbären gut gesichert. 
Das Wald-Biwak ist unter Deutschlands Großschutzgebieten einmalig und dient der Umweltbildung. »Es richtet sich an ein exklusives Publikum, das bereit ist, sich Wildniserfahrung zu stellen, mit geringstem Komfort zu übernachten und sich selbst organisiert«, sagt Revierförster Eike Kinne. 
Über Pfingsten wollten gleich zwei Organisationen diese Gelegenheit nutzen: Die Pfadfindergruppen der freikirchlichen »Royal Rangers« aus Bad Langensalza und Gotha und die des evangelischen Verbands Christlicher Pfadfinder (VCP) aus Gotha, Neudietendorf und Sollstedt. Da haben wir uns eben gesagt: Wir machen das zusammen«, sagt Samuel Scholz, Stammleiter der Bad Langensalzaer »Royal Rangers«. 
Zwar gibt es unterschiedliche Traditionen, Gepflogenheiten. Doch hier im Wildnis-Camp im Hainich raufen sie sich gut gelaunt zusammen, teilen sich Küchen- und Aufräumarbeit, brechen gemeinsam zu abenteuerlichen Ausflügen auf und feiern sogar Gottesdienst in großer Runde: Mit Gitarre und fröhlichen Liedern unterm kreuzförmigen Fahnenmast, an dem ihre Erkennungsflaggen wehen. 
Dabei haben längst nicht alle Teilnehmer einen christlichen Hintergrund. Doch das spielt keine Rolle. Im Gegenteil: Die Arbeit hat immer öfter soziale Bedeutung. »Kinder aus sozial schwachen Familien mit Problemen von Arbeitslosigkeit bis Alkoholsucht, finden bei uns Halt«, sagt Frank Mäder von den Royal Rangers Bad Langensalza. Davon abgesehen sei das Pfadfinder-Sein nicht aus der Mode, erfahren die Gruppen Zulauf, sagt Ralf Ehlert, Stammesführer der Thüringer Wanderfalken des VCP. 
Beim Hainich-Camp stehen Geländespiele ebenso auf dem Programm wie praktische Lektionen für das (Über-) Leben in der Wildnis; Orientieren mit Kompass und Lager bauen gehören dazu. Vor allem geht es um Gemeinschaft um Spaß aber auch Regeln, ohne die die Gruppe nicht funktioniert. 
Hier im Hainich ist aber doch etwas anders, als bei anderen Camps: Oberste Regel ist die aller Nationalparks: Natur Natur sein lassen. So wird streng darauf geachtet, keine Spuren zu hinterlassen, Pflanzen abzureißen oder Holz zu sammeln. Dennoch sind alle begeistert: Über den Urwald, das Biwak und die Zusammenarbeit mit dem Förster und den Rangern. 
Gern wiederkommen wollen die Pfadfinder und knüpfen an eine Tradition an: Genau hier, nahe der Umweltbildungsstation im Nordwesten des Nationalparks, fand vor 80 Jahren das letzte bündische Treffen in Deutschland statt bevor die Pfadfinder- und Wandervogelbewegung von den Nationalsozialisten verboten wurde, erzählt Revierförster Kinne. Nun also wird ein neues Kapitel geschrieben; demnächst mit einer Hainich-Wandervogelgruppe.

Anke Kühn, Thüringer Allgemeine