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Elchfleisch für den Vegetarier – Stammeslager in Schweden

Fischen auf dem Stammeslager in Schweden

In Schweden gibt es viel zu entdecken: Flüsse, Igel – und deutsche Pfadfinder ohne Schwarzzelte …

Wir, die Pfadis des VCP-Stamm Drei Gleichen aus Neudietendorf und Apfelstädt (Thüringen), nahmen in den Sommerferien das vielbeschriebene, naturbelassene Land Schweden genauer unter die Lupe. Bisher kannten wir es – wenn überhaupt – nur aus dem Schulunterricht.
Die Fahrt begann mit, großen Erwartungen und sollte uns in den südlichen Teil des Reiches führen. Dabei waren: Bibo (Sebastian Biebler), Tweedy (Christoph Gnodtke), Gunnar (Michael Günther), Claudia Kanzler, Harry (Thomas Macheleid), Atze (Andreas Mey), Ocker (Andre Möller), Diana Möller, Schnurre (Marco Schirrmann), Siffte (Janin Seifert), Normi (Norman Volkenanndt) und ich – Knopi (Hendrik Knop).
Treffpunkt war die Neudietendorfer Johanniskirche, von wo aus wir die vollgepackten Materialkisten zum Bahnhof trugen. Nachdem wir uns vom Rest unseres Stammes verabschiedet hatten, ging es endlich los. Obgleich auch etwas unbequem, verlief die achtstündige Fahrt mit der Deutschen Bahn nach Saßnitz (Insel Rügen) relativ reibungslos und wurde nur durch die Aufenthalte in Erfurt – hier lagen wir gegen Mitternacht ca. zwei Stunden auf dem Fußboden der Bahnhofshalle – und Bergen unterbrochen. Bei der sechsstündigen Fahrt mit der Fähre lösten die Angebote des Dutyfree-Shops helle Begeisterung bei uns aus. Halb verschlafen trafen wir am Freitagnachmittag sehnsüchtig in der schwedischen Hafenstadt Trelleborg ein. Von hier aus ging unsere Reise in einem Superkleinbus weiter, welcher uns in einer zweistündigen Rowdyfahrt zu unserem Ziel brachte, dem International Scout Centre Blidingsholms Gárd. Ein internationales Pfadfinderzentrum, welches an den Ufern des Flusses Mörrum in der Landschaft Smáland liegt. Jedoch trafen wir, da wir nicht in der Saison anreisten, bei unserer Ankunft nur auf weitere zwei Gruppen: eine dänische Kindergartengruppe sowie unseren „Nachbarstamm”: Königstiger des Pfadfinderbundes Phönix aus Ichtershausen, welche später durch eine Berliner Reisegruppe und Fämarer Gemeindepfadfinder – diese trugen aus Gefallen auch die VCP-Lilie – ergänzt wurden.
Die ersten zwei Tage nutzten wir für den Aufbau unseres Lagers: eine Freiluftjurte (Gorbi hatte auf der Fähre eine Plane liegenlassen), ein Kleinzelt und drei Hängematten, sowie für die Erkundung der Umgebung. Außerdem angelten und badeten wir im angrenzenden 155 qkm großen Asnänsee und verbrachten gemütliche Stunden im Kontor, einem Cafe im Centrum des Lagers.
Vorn Sonntag zum Montag unternahmen wir eine Fahrradtour, welche mit den Synonymen chaotisch, anstrengend und geil umschrieben werden kann. Chaotisch, weil die Fahrräder total veraltet, eine reine Katastrophe waren, wir zu Beginn der Fahrt gleich zwei Leute
unserer Gruppe verloren (diese fanden sich aber glücklicherweise wieder im Lager ein), ich über einen toten Igel fuhr und somit mein Fahrrad einen Platten bekam sowie weil nach und nach von mehreren Fahrrädern kleine Einzelteile abfielen und auch öfters aussetzten. Anstrengend, weil wir eine größere Distanz bewältigten, es nur bergauf und bergab ging sowie weil wir durch das platte Fahrrad verschiedenste Fahrtechniken ausprobieren mußten., Und schließlich geil, weil die Tour trotz allem allen Spaß machte, die Schweden superfreundlich sind, die Natur einfach herrlich war, wir Diana im Wasser des Asnánsees nach Sonnenuntergang in den VCP aufnahmen und weil wir mitten in der „Wildnis” unter freiem Himmel übernachteten.
Natürlich ruhten wir uns am darauffolgenden Dienstag richtig aus, reparierten die Fahrräder, angelten und schlachteten einen Fisch, vereinbarten mit den Phönixpfadfindern ein Volleyballmatch für Donnerstag und sammelten abends beim Singen am Lagerfeuer Kraft für den darauffolgenden Tag.
Denn am Mittwoch starteten wir eine Kanutour auf den riesigen See. Diese war zu Beginn recht öde, da bis auf das Kentern von Normi und das Pausieren auf kleinen Inseln nichts Außergewöhnliches passierte, und auch die Landschaft schien durch die Breite des Gewässers recht langweilig. Das änderte sich aber schlagartig, als wir in die Gefilde des Mörrumsflusses einfuhren. Hier ging es an umgestürzten Bäumen,
hohem Schilf und stillgelegten, durchhängenden Strommasten vorbei. Der Höhepunkt war erreicht, als wir an einer künstlich angelegten Betonmauer kenterten. Plötzlich fanden wir die Bote unter der Wasseroberfläche wieder, Plastiktonnen, Paddel, Klamotten und weitere Sachen schwammen uns fast davon und – das Tragischste – Atze verlor sein Halstuch. Nebenbei löste sich – zum Unglück aller – auch noch unsere Karte auf. Doch Harry führte uns mit seinem Photographengedächtuis wieder zum Ausgangspunkt zurück, und alle waren froh, als die Kanus wieder an Land waren.
Wie vereinbart, machten wir uns am nächsten Abend zum Lagerplatz des Stammes Königstiger auf, welcher dem nicht anerkannten Pfadfinderbund Phönix angehört. Daß die Königstiger wirklich nicht allzuviel mit der Pfadinderei zu tun haben, wurde durch den Aufbau des Lagerplatzes deutlich. Die Leitung wohnte in Luxushütten, mit einer Einrichtung, die einem Ottonormalverbraucher fast schon überlegen war, und die Jugendlichen zogen den Schwarzzelten Campingzelte vor. Die Betreuer waren bezahlte Jugendliche des Jugendamtes und desweiteren schienen Halstücher und Kluft hier Out zu sein. Nur eine halbaufgebaute Jurte mit Wimpeln erinnerte daran, daß sich hier Pfadfinder befinden sollten. Aber wenigstens war der Stammesführer: Hans Ruske, nach Meinung unserer Pfadis echt „cool”. Im Volleyballspielen hatten die Phönix’s aber die Nase vorn, und wir verloren hoffnungslos.
Den Freitag verbrachten wir in Helsingborg. Auf dem Hinweg wiederum im Kleinbus – quälte uns Harry mit NDW-Musik. In der Stadt selber besuchten wir den Verteidigungsturm Kärnan, das Wahrzeichen der Stadt, kauften Andenken und Geschenke für die Daheimgebliebenen, kehrten in Cafes ein, schlenderten einfach nur durch die Stadt und dinierten auf Stammeskosten bei MC-Donalds. Auf dem Rückweg konnten wir einen 50 Personenbus besetzen. Diesesmal wurde aber Hardcore-Techno gehört.
Unseren letzten Tag begannen wir am Sonnabend mit langem Ausschlafen. Im Anschluß begannen der Abbau und das typische Packen. Am Abend wurde dann zu Tisch gebeten: Elchfleisch stand auf der Speisekarte. Sogar unser angeblicher Vegetarier war von dem fünfgängigen Menü begeistert. Bis spät in die Nach brannte noch das Lagerfeuer, und schließlich wurden wir, nach „begeistertem” Singen von „Nehmt Abschied Brüder”, gegen 4 Uhr wieder abgeholt.
Die Rückreise begann zwar eher müde und teilweise schlecht gelaunt, aber die Pizzas in Saßnitz und das fahren in der ersten Wagenklasse – ein freundlicher DB-Schaffner, welcher uns als Pfadfinder identifizierte, lud uns dazu ein machten wieder munter und brachten gute Laune.
In Neudietendorf wurden wir dann Sonntagnacht vom „Stammeseigenen Empfangskomitee” begrüßt. Nun galt es, nur noch eine halbe Stunde zu warten, um zu mitternächtlicher Stunde auf Bibos 15. Geburtstag anzustoßen – mit Cola versteht sich.
Am Sonnabend, eine Woche darauf, trafen wir uns noch einmal zur Reflexion der Reise. Bei Chips und Cola sahen wir uns die gemachten Videoaufnahmen an, Atze bekam ein neues Halstuch verliehen, und im Anschluß gab es Bratwürste mit Ketchup. Manche übernachteten noch in unserem Gruppenraum und wer wollte, nahm am Sonntagmorgen – wenn auch etwas verschlafen – noch am Gottesdienst von Pfadipfarrer Bernd Kramer teil.

Hendrik Knop